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[Presse] Zukunft der Volksfeste ungewiss
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Berg-und-Talbahn
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Einsteiger Andrea

Deutschland . RP
 
Link zum Beitrag #118446 Verfasst am Donnerstag, 13. Januar 2005 11:38
Themenersteller
Relax
Zitat Heute beginnt der 56. Delegiertentag des Deutschen Schaustellerbundes

VON GUNTER HELD

Herford. Das Volksfest ist ein deutsches Kulturgut. Viele Kirchweihfeste und Kirmessen gibt es seit mehreren hundert Jahren. So zählt die Herforder Vision mit ihrer mehr als tausendjährigen Tradition zu den ältesten Volksfesten Deutschlands. Heute beginnt hier der 56. Delegiertentag des Deutschen Schaustellerbundes. Die Organisatoren erwarten etwa 400 Delegierte zur Tagung dieses Schaustellerparlamentes, die bis Samstag dauert.

Doch so richtig in Feierlaune ist man nicht in Schaustellerkreisen. "Die Existenz der Schausteller und damit die Zukunft der Volksfeste steht in vielen Städten und Regionen auf dem Spiel", sagte Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerbundes, während der gestrigen Pressekonferenz.



Ritter machte in erster Linie die Gebührenpolitik in den Veranstaltungsorten für die Misere verantwortlich. "Wir sind keine Berufsjammerer, sondern eher Optimisten, denn jeder neue Aufbau birgt neue Chancen. Aber wir brauchen vernünftige Rahmenbedingungen."

Während noch vor wenigen Jahren die Standgebühren von Mitarbeitern des Marktamtes festgelegt wurden, gebe es nun in vielen Städten Marketing-Agenturen, die die Organisation der Feste übernommen haben. Daraus resultierten Standgebühren, die sich für das gleiche Geschäft zwischen 250 und 6.800 Euro bewegen, sagte der Schaustellerpräsident.

Dabei ginge es ihm nicht um Subventionen für die Kirmesbetreiber. Er fordert die Berücksichtigung der Gewerbeordnung der Städte, deren Paragraph 71 festschreibt, dass die Kommune an Volksfesten nichts verdienen darf. Darüber hinaus möchte der Schaustellerbund mehr Transparenz über die gezahlten Gebühren durchsetzen. "Wenn das Geld zur Pflege und Erhaltung des Platzes oder zur Verbesserung der Infrastruktur eingesetzt wird, ist das vollkommen in Ordnung."

Aber das Geld der Schausteller dürfe nicht einfach ins Stadtsäckel fließen. Und der Herforder Waldo Parpalioni, Mitglied im Vorstand des Mitteldeutschen Schaustellervereins, ergänzte: "Kosten für den Wasseranschluss in Höhe von 100 Euro und für den Elektroanschluss in Höhe von 250 Euro zuzüglich jeweils des Verbrauches sind einfach zu hoch."

Zudem hätten sich die Gebühren für sein Geschäft in den vergangenen 20 Jahren verzehnfacht. Diese Kosten könnten aber nicht an die Besucher der Feste weitergegeben werden, weil die Preise "volksnah" bleiben müssten. Er hielte, wie andere Schausteller auch, seine Preise seit zehn Jahren konstant.

"Wir stehen mit dem Rücken an der Wand", fand Ritter deutliche Worte. "Wenn das Wirtschafts- und Kulturgut Volksfest erhalten bleiben soll, müssen die Gebühren sinken. Zu viele Kosten lasten auf den Schultern der Schausteller." Der allgemeinen Konsumzurückhaltung könnten die Schausteller nur begegnen, wenn sie attraktive Geschäfte böten. "Aber wir können nur investieren, wenn wir vernünftige Gewinne machen."

Der Delegiertentag beginnt heute mit Fachgruppensitzungen und der offiziellen Eröffnung im Stadtpark Schützenhof. Abends findet ein Kommers in der Markthalle statt. Am Freitag tagen die Delegierten und abends wird der Jugendball veranstaltet. Zur Großkundgebung am Samstag im Stadttheater werden Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement sowie der Europa-Abgeordnete Dr. Helmut Markov sprechen. Ein Galaball beschließt die Tagung.



Quelle: nw-news.de




Und ein weiterer Zeitungsbericht:


Zitat Theo Rosenzweig trägt ausnahmsweise Nadelstreifen statt Blaumann

Bad Oeynhausener eröffnet 56. Delegiertentag des Deutschen Schaustellerbundes /Preise auf den Jahrmärkten bleiben stabil

VON PETER STEINERT

Bad Oeynhausen. Auf diese Frau ist kein Verlass. Was Theo Rosenzweig ärgert: "Seit zwei Jahren sind wir in der Vorbereitung. Und jetzt diese kurzfristige Absage." Seit Ende letzter Woche weiß der Bad Oeynhausener, dass die Parteivorsitzende der CDU, Angela Merkel, abgesagt hat und nicht am 56. Delegiertentag des Deutschen Schaustellerbundes teilnimmt, den der Riesenrad-Betreiber heute in Herford eröffnet.

Rosenzweig repräsentiert den Mitteldeutschen Schaustellerverein, dessen 1. Vorsitzender er seit drei Jahren ist. Der 34-Jährige hat sich in Schale geworfen und trägt Nadelstreifen. "Den habe ich bei Manni Krückels an der Portastraße gekauft." Lieber ist ihm Arbeitskleidung, in der er sein Riesenrad durch die Gegend kutschiert und auf- oder abbaut, "60 Meter hoch, das größte Transportable." Richtig entspannt ist er in diesen Tagen nicht, "im Blaumann fühle ich mich wohler."



Dabei ist er für den Posten des ersten Vorsitzenden bestens geeignet. Sein Vater, Peter Rosenzweig, stammt aus einer alten Kölner Schaustellerfamilie. Die Wurzeln von Mutter Marlies liegen in Bad Oeynhausen und heißen Steiger. Auch altbekannt. Clever, umtriebig, immer unterwegs, so ist über ihn zu hören. Es passt gut, dass er mit der Eisbahn auf dem Inowroclaw-Platz Bad Oeynhausens Weihnachtsmarkt auf Vordermann gebracht hat.

Unter seiner Regie richtet der Schaustellerverein den Delegiertentag aus. Der findet zum dritten Mal in Herford statt, womit sich Bad Oeynhausens Nachbarstadt in die Reihe der Großen gesellen kann. "In Berlin, Hamburg oder München haben sich die Schausteller auch schon dreimal zum Delegiertentag getroffen", weiß Theo Rosenzweig, dem eine frühere Absage eines Politikers in Erinnerung ist: "1987 konnte der damalige Bundeswirtschaftsminister Martin Bangemann nicht nach Herford kommen, weil seine geplante Anreise im Hubschrauber wegen Nebels unmöglich war."

Nun der 56. Delegiertentag, ohne Merkel, dafür mit dem aktuellen Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement und Andreas Pinkwart von den Freidemokraten. In Fachsitzungen, Ausschüssen und im großen Schaustellerplenum werden etwa 400 erwartete Schausteller aus ganz Deutschland verbandspolitische Themen beraten und die weiteren Weichen für die berufliche Zukunft ihren Standes stellen.

Gerade letzteres bereitet Rosenzweig und seinen oftmals befreundeten Kollegen Sorge. Als Beispiel nennt der Bad Oeynhausener das Stuttgarter Volksfest ’Cannstatter Wasen’. "Dort werden heute 22.000 Euro Standmiete für 16 Tage verlangt. Früher waren das 40.000 Mark. Nur heute sind diese Gelder viel schwieriger zu erwirtschaften."

Ein positives Signal wollen die Schausteller aus Herford dennoch entsenden. Die Preise auf den Jahrmärkten und Rummelplätzen für das Glückslos oder die Achterbahnfahrt bleiben stabil. Eine Fahrt in Rosenzweigs Riesenrad kostet beispielsweise 3,50 Euro. "Mehr", stellt der Unternehmer klar, "kriegen wir nicht." Womit er sagen will, dass die Besucher einen höheren Fahrpreis nicht akzeptieren.

Von Donnerstag bis Samstag dauert die Delegiertentagung. Den Auftakt bildet ein sogenannter Kommers, ein geselliges Beisammensein der 400 Delegierten und ihrer etwa 600 angereisten Gäste in der Herforder Markthalle. Begrüßt werden sie von Theo Rosenzweig.

Der hat seine Eröffnungsrede sorgsam vorbereitet. Die Details überlasse er "gerne den honorigen Rednern nach mir." Persönlicher gehts weiter: "Auch wir, die Enkelgeneration, sind uns der Bedeutung dieser Ausgabe bewusst. Sie schafft die Möglichkeit, in der Region ein gutes Stück Öffentlichkeitsarbeit für den Berufsstand zu leisten und dabei geknüpfte Beziehungen mit den Vertretern von Stadt und Land zu vertiefen."

Dermaßen getragen kommt Theo Rosenzweig selten daher, wenn er am Riesenrad auf dem Kirmes-Platz steht oder gerade die Buden an der Eisbahn platziert.

"Das sind meine Gedanken", gesteht der Schausteller. Er habe formuliert, seine Mutter das Ganze zu Papier gebracht. "Die kann besser formulieren", sagt Theo Rosenzweig und fügt an: "Wir sind nun mal ein Familienbetrieb." Dabei weiß er, dass er sich auf diese Frau verlassen kann.

Quelle: nw-news.de


Informationen über den 56. Deligiertentag in Herford sind hier zu finden:
dt2005herford.de
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