Schweiz. Ein Sommermärchen.
You claimed it. Now you get it.
Es ist einer Kompetenzverschiebung geschuldet, dass Draggy und Dongy - also eigentlich hauptsächlich Draggy - keine Reviews mehr im Parkjournal posten. Wie auch, wenn die persönliche Count-Ausbeute im Jahr 2020 bei sage und schreibe +1 liegt. Und das ist noch nicht mal Tante Corona geschuldet. Nichtsdestotrotz, der Ruf der
Fanboys soll nicht verhallen...
Draggy und Dongy gehen immer noch auf Tour, nutzen dabei aber keine Lifthills mehr. Während sich der eine eine erfolgreiche Karriere im Splashdiving-Business aufgebaut hat, gipfelnd im 8. Platz bei der Splashdiving WM 2018 im Szene-Hotspot Sindelfingen und dem 2. Platz in der Kategorie
tödlichster Bauchplatscher, sucht der andere die Herausforderung im Bergsport. Und weil dieser Bergsport eine so facettenreiche Spielwiese bietet wie kaum ein anderes Genre, gibt es natürlich immer noch eine relativ große Schnittmenge, die konkret wie folgt aussieht. Dongy springt von einer 15 Meter hohen Klippe, dreht sich zwei Mal um die eigene Achse sowie einmal um die der Erde und Draggy achtet darauf, dass er den richtigen Winkel für das GoPro-Edit findet, welches für den wahrscheinlichen Fall, dass es Dongy einmal zerlegt, sein Vermächtnis an diese Welt bildet. Draggy hingegen, bevorzugt die dunkle Seite der Macht, pardon, Gravitation. Die, die in die entgegengesetzte Richtung führt. Nach oben. Das ist anstrengend und tut manchmal weh. Deswegen jammert Dongy auch sehr oft, aber am Ende stehen beide entweder auf einem fünf Meter hohen Stein oder einem 4027 Meter hohen Berg. Joined Forces. Wie gut, dass es also ein Land gibt, dass auch in Zeiten von Corona seine Gäschtli net aussperrt, sondern im Sommer 2020 Willkommen heißt - egal ob Splashdiver, Boulderer oder Bergsteiger. In diesem Sinne: 3... 2... 1... Send it!
Tag 1 - Magic Wood
Zum Aufwärmen und weil es sowieso auf dem Weg lag, machten wir am ersten Tag einen Boxenstopp im Magic Wood. Wer jetzt an einen Themenbereich a la Europa Park denkt, liegt natürlich daneben. Parallelen gibt es trotzdem. Magic Wood ist in der europäischen Boulder-Szene quasi das, was der Europa Park in der europäischen Freizeitpark-Szene ist. Und genau so sah es dort auch aus. Ob man sich nun 45 Minuten in die Warteschlange von Blue Fire stellt oder vergebens versucht, einen Bloc zu finden, an dem noch keiner tüftelt, kam fast aufs Gleiche raus. Ein derartig gehyptes Bouldergebiet, in dem wir gezwungen waren unsere Crashpads zwei Stunden durch den Wald zu tragen ohne auch nur eine Fingerspitze an eines der zahlreichen berühmten Probleme - so nennt man "Boulderrouten" - zu setzen, ist mir bislang noch nicht unter gekommen. Man könnte es mit Cedar Point vergleichen. Erwartungen, die mindestens so hoch sind wie Top Thrill Dragster, werden von dem Umstand überschattet, dass Top Thrill Dragster, nach zwei Stunden in der Queue, eine Fahrt von der Front Row entfernt, den unvermeidlichen Top Thrill Breakdown erleidet. Fick dich, Universum!
Unverrichteter Dinge verließen wir, was wir 2012 noch als Kackpark bezeichnet hätten und richteten unseren Fokus auf etwas jungfräuliches, das wir bereits am Morgen funkelnden Auges erspähten: Eine baufrische Fußgängerholzbrücke über einem türkisblauen Stausee an der Rofflaschlucht. Richtig gehört. Soll ja Leute geben, die beim Anblick von Seilbahnen ein feuchtes Höschen kriegen. Bei uns sind's eben Brücken. Von denen kann man wenigstens runterspringen. Vorausgesetzt das Wasser darunter ist tief genug. Und genau das ist die Crux. Springen ist das Eine, nur auf's Abtauchen im kalten Wasser hat keiner Bock. Da Dongy aber, wie eingangs beschrieben, in diesem Duo die Koryphäe auf dem Gebiet des Vonsachenrunterspringens ist, wird meistens ihm diese den kleinen Dongy schrumpfen lassende Ehre zu Teil.
Nachdem die beiden Dongys die Wassertiefe schließlich mit dem in Fachkreisen üblichen Urteil "Tief genug is' es!" besahen, schaute alles gespannt auf Draggy, dessen Neoprenanzug sich indes nicht aus der bei solchen Aktivitäten standardmäßig mitzuführenden Aldi-Tüte zu bewegen schien. Draggy's kleiner Dongy hatte nämlich mal so gar keine Lust auf Nass und Kalt. So kam man also zu dem Beschluss, den 18-Meter-Sprung am Tag der Rückreise bei hoffentlich angenehmeren Temperaturen zu vollziehen. Eine, wie sich im Nachhinein zeigen sollte, dumme Entscheidung. So ein Stausee hat nämlich eine ganz blöde Eigenschaft. Er lässt sich stauen. Wie soll man denn auch bitte mit sowas rechnen? Und so war der Wasserpegel am letzten Tag um mindestens drei Meter angestiegen während sich die Sprunghöhe dementsprechend um dieselbe Zahl verringerte. Mehr Wasser klingt ja an sich erstmal nicht so schlecht. Wenn unter einem dann aber alles voll mit Treibholz und sogar ganzen Baumstämmen ist, hat sich die Sache schnell erledigt. Tag 1: Epic Fail.
Vom Parkplatz gehts hinab in den Wald.
Über eine (nicht springbare) Holzbrücke auf die andere Flusseite.
Der Spot ist optisch wirklich magic!
Die Klappcouch muss immer mit!
Die jungfräuliche Holzbrücke an der Rofflaschlucht.
Abtauchen. Ehrenvolle Aufgabe.
Schwimm, Forrest! Schwimm!
Stausee
Überdachter Absprungbereich, Luxus pur.
Das Maßband lügt nicht: Gut 18 Meter.
Tag 2 - Allalinhorn
Showtime! Obwohl für Matthias - mit Draggy und Dongy hör ich jetzt auf - eigentlich erst die nächsten beiden Tage Priorität hatten, so war die Hochtour auf den für uns beide ersten 4000er das unbestreitbare Highlight des Trips. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass der Bro von JC, PTruz, allerfeinstliches Bergsteigerwetter für uns gebucht hatte. Ehre! Ziel des Tages war das 4027 Meter hohe Allalinhorn, welches von Saas-Fee aus entweder in einem wahnwitzigen 2200 Höhenmeter überwindenden Fußmarsch - der selbst mir zu viel gewesen wäre - oder mit Seilbahnunterstützung zu erreichen ist. Wobei wir wieder beim feuchten Höschen wären. Nur anders. Im Anblick der schweizer Bergbahnpreise, kann es nämlich schon mal zu einer akuten Spontaninkontinenz kommen. 46 Franken für die Fahrt zur Mittelstation und zurück sowie nochmal 45 Franken für die Fahrt mit der sogenannten Metro-Alpin, einer Standseilbahn, die einen buchstäblich durchs Innere des Berges bis zur Ausgangsposition für die kurze Hochtour bringt, werden hier fällig. Für schwäbische Portemonnaies eine nahezu unvorstellbare Summe. Die sind schon allein größentechnisch gar nicht auf so viel Bargeld ausgelegt. Das Gute daran: Man ist um so viel Geld ärmer, dass sich das auch spürbar im jetzt leichter gewordenen Rucksack bemerkbar macht.
Das Allalinhorn gilt als einer der leichtesten der insgesamt 82 4000er der Alpen. Für die erste Hochtour also genau richtig. Während sich viele trotzdem einen Bergführer nehmen, war das für uns nie eine Option. Jemanden zu bezahlen damit er mir Seil und Händchen halt, könnte ich erst ab der Kategorie Matterhorn mit meinem Ego/Gewissen vereinbaren. Für den mit Under Armour Jogginghose, DAV Leihpickel und -steigeisen sowie - stilecht - Millennium Force Mütze ausgerüsteten Matthias musste also auch ein Hobbybergführer - moi - genügen. Und das sollte es auch. Manch einer würde die Tour als Spaziergang bezeichnen, allerdings ist es immer fraglich, wie gut man mit der Höhe zurechtkommt bzw. ob man ausreichend akklimatisiert ist. Ich wage zu behaupten, dass die 18 Meter vom Vortag beim Brücke-Abmessen nicht gereicht haben. Und auch eine Nacht in Saas-Fee auf 1800 Meter genügt hier nicht wirklich. Statt also die landschaftlich reizvollere und technisch anspruchsvollere Route über den sog. Hohlaubgrat zu nehmen, wählten wir den einfacheren, weil kürzeren Normalweg, um sicher zu gehen, dass wir am Ende des Tages auch mit hoher Wahrscheinlichkeit am Gipfelkreuz stehen würden. Das heißt jedoch nicht, dass man sich nicht in Steil- und Spaltengelände bewegt und den Umgang mit Seil- und Sicherungstechniken beherrschen sollte. Das einzige Problem bei einer Zweierseilschaft ist allerdings, dass eben nur noch einer übrig bleibt, um einen potenziellen Spaltensturz des anderen abzubremsen. Ob uns das gelungen wäre, darf bezweifelt werden. Zum Glück waren an diesem sonnigen Tag aber etliche Locals beim Spazierengehen unterwegs, sodass diese uns im Worst Case schnell zu Hilfe hätten kommen können.
Die fehlende Akklimatisation war in puncto Nebeneffekte letztendlich kein Problem. Weder Kopfschmerzen noch Übelkeit stellten sich ein. Vielmehr hat man mit der ungewohnt dünnen Luft zu kämpfen, die einen zu deutlich mehr Pausen zwingt als man sich selbst eigentlich zugestehen will. In 4000 Metern Höhe beträgt der Luftdruck nur noch knapp 60% des Wertes auf Meereshöhe und die Sauerstoffsättigung im Blut kann unter 90% sinken. Hab ich grad gegoogelt. Das wirkt sich bei jedem anders aus, ist aber jedenfalls immer noch mehr als genug, um den vom Allalinhorn gigantischen Ausblick auf die walliser Bergwelt samt Matterhorn zu bestaunen. Daraus kommt man so schnell nicht mehr heraus und vergisst, dass einen noch der Abstieg über den in der Nachmittagssonne aufgeweichten Gletscher erwartet. Sulz und Gletscherspalten vertragen sich ja bekanntermaßen leider nicht so gut.
Zurück in Saas-Fee dann wieder auf dem Boden. Dem Boden der Tatsachen: Eiskaffee für 8 Franken und der schlechteste Alpinecoaster, an den ich mich erinnern kann, für immerhin nur 6,50. Spontaninkonti... you know it. Nichtsdestotrotz ist Saas-Fee leider geil. Autofrei, postkartenschön und Basis für viele weitere Hochtouren auf viele weitere 4000er, die nach diesem Erlebnis weit oben auf der Most-Wanted-Liste stehen.
Oberhalb von Saas-Fee thronen die Hausberge Allalinhorn und Alphubel
Bescheidene Unterkunft am Ortsrand mit Bergblick
Walliser Stadel
Autofreies Saas-Fee
Die Höhe der Berge wirkt beinahe surreal
Bergbahn im Retro-Look
Gipfelaufbau des Allalinhorn
Ein Skigebiet, das ganzjährig genutzt wird, zerstört das Flair leider ein bisschen
Bevor es auf den Gletscher geht wird angeseilt
How to not walk across a glacier
Die Spaltenzone ist schnell erreicht
Und auch die Steigung hat es in sich
Zum Glück gibts auch flache Passagen
Nein, man kann tatsächlich nicht außen rum gehen.
Und drüber muss man auch
Auf halber Strecke eröffnet sich das schönste Panorama, das man sich nur vorstellen kann.
Selfie mit dem Horu
Blick aufs 4199 Meter hohe Rimpfischhorn
Gipfelgrat
Fast am Ziel
Nochmal Rimpfischhorn, Monte Rosa und Matterhorn
But first, let me take a Selfie
Geschafft!
Höher ist eine Millennium Force Mütze nie gewesen
Plattiger Gipfelaufbau des 4027 Meter hohen Allalinhorns
Blick auf das Skigebiet und Saas-Fee
Premiumblick aufs Matterhorn und seiner Schokoladenseite mit Hörnligrat
Und nochmal das nicht minder schöne Rimpfischhorn
Über den Wolken
Gletscherwelt
Gipfelselfie
GoPro, Foto machen!
Rückweg: Achja, da war ja was...
Parkplatz. Neue Klimazone.
Tag 3 & 4 - Ponte Brolla
Nach den Strapazen vom Vortag, sollten die letzten beiden Tage im mediterran angehauchten Tessin nahe des Lago Maggiore beim Baden ausklingen. Die Tessiner Variante eines Badestrands kommt jedoch in Form der Maggia mit bis zu 18 Meter - schon wieder - hohen Klippen im Örtchen Ponte Brolla daher. Ein europaweit bekannter Spot von höchster Qualität mit betonierten Absprungflächen und malerischer Schönheit. Um die folgende Badeentspannung auch bestmöglich auskosten zu können, quartierten wir uns quasi im parkeigenen, namensgleichen Hotel ein. Ein Etablissement der obersten Kategorie, wie man es von uns
seit Jahren gewohnt ist. Das Resort ermöglichte einen fußläufigen Zugang zur Maggia sowie eine aufgrund eintretenden Starkregens dringend benötigte Rückzugsmöglichkeit in Ermangelung eines beim Klippenspringen für Gewöhnlich zur Basisausstattung gehörenden Regenschirms.
Der Badebereich selbst verfügt über zahlreiche Absprunghöhen, die zwischen drei und 18,6 Metern variieren. Während Matthias aus dieser Höhe locker flockig einen Auerbach aus der Hose schüttelt, war es für mich der zweithöchste Sprung überhaupt. Nur wenige Wochen zuvor wurde die alte Bestmarke von 16 auf 22 Meter geschraubt. Und das an keinem geringeren Ort als dem Castello Scaligero in Malcesine beim Sprung vom dortigen Balkon oberhalb des Gardasees. Immerhin eine Höhe, die selbst mein geschätzter Bauchplatscherweltmeister noch nicht erreicht hat.
Ponte Brolla hingegen, hat seine ganz eigene Atmosphäre. Während es für den außenstehenden Betrachter einfach nur ein Zuckerl fürs Auge ist, wirken die Felswände, so man von ihnen senden möchte, aufgrund ihrer Enge teils dunkel und gar bedrohlich. Ganz zu schweigen von der schwarzen Wasseroberfläche, die mit dem pornoblauen Gardasee nur wenig gemein hat. Dass sich meine Skills in dieser Disziplin in einem stark limitierten Bereich bewegen, war mir bei Höhen von 12 bis besagten 18 Metern folglich auch gar nicht mal so unrecht. Hat mir mehr Zeit verschafft die 240 fps Slow Motion Funktion der GoPro 8 am menschlichen Objekt zu erproben. Irgendjemand muss das mit dem Vermächtnis und so ja machen...
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Das Ponte Brolla Inn & Suites
Warm Up aus 3 Metern
Die Maggia hat hier das Cedar Point für Klippenspringer geschaffen
Zwischen 1 und 18 Metern ist alles dabei
3... 2... 1... Send it!
Um die Absprungstellen zu erreichen sollte man ein bisschen klettern können
Stardiver aus 7 m
Regenpause
Zweithöchster Sprung aus 18,6 m
Das Schwarze da unten ist das Wasser
Matthias beim Auerbach aus 18 m
Zuki oder doch Fliffis?
Bild vergrößern. Aussicht genießen.
Von links: Jan-Ingwer Callsen-Bracker und Lionel Messi
Location Wechsel. Wir hörten von einem Spot, bei dem man aus 220 Metern springen kann.
Heißt wohl Verzasca und kam uns
irgendwie vertraut vor
Wasserstand problematisch. Lieber nicht springen.
Blick auf den Lago Maggiore
Statt 220 Meter warens dann halt doch nur mehr 12 an der Ponte dei Salti
General Public
Wassertemperatur: 12 °C
Neoprenanzug? Fehlanzeige.
Wenn ihr bis hierhin durchgehalten habt: Danke für's Lesen! Und nein, das war kein Comeback. Wem's gefallen hat, darf gern auch mal auf Insta vorbeischauen:
@ragnar.ramiro /
@greiner_matthias. Lasst ein Like da, abonniert falls ihr noch nicht habt, bla bla bla...